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Präsidentschaftswahl in Ägypten: Eine Chance für Revolutionäre?

Mitte Dezember sollten Präsidentschaftswahlen in Ägypten stattfinden. Der seit 2013 herrschende Militärdiktatur, Abdel Fattah el Sisi hat verkündet, dass er sich erneut zur Kandidatur aufstellt. Sisi, welcher sowohl von der deutschen Bundesregierung als auch der Europäischen Union unterstützt wird und welcher durch einen Militärputsch zur Macht kam, hat die politische Opposition in den letzten zehn Jahren zerquetscht. Ägypten kann als ein Friedhof der politischen Freiheit betitelt werden.

Zehntausende politische Gefangene befinden sich in ägyptischen Gefängnissen und unzählige Oppositionelle sind im Exil. Dazu kommt, dass die ökonomische Situation in Ägypten sich täglich verschlechtert. Während Sisi eine neue Hauptstadt in der Wüste baut, können sich die meisten Ägypter:innen nicht mehr einfache Lebensmittel leisten. Die Inflation liegt bei einem Rekordhoch. 

Ägypten hat seine Währung seit März 2022 dreimal abgewertet und stimmte im Oktober letzten Jahres außerdem einem flexibleren Wechselkurs zu, um ein Hilfspaket vom Internationalen Währungsfond zu erhalten. Der offizielle Wechselkurs des ägyptischen Pfund liegt derzeit bei über 30 Pfund (einigen Schätzungen zufolge auch über 40 Pfund) pro US-Dollar, verglichen mit etwa 15 pro Dollar Anfang letzten Jahres.

Angesichts der angespannten politischen und ökonomischen Situation hat Machthaber Sisi neulich dafür plädiert, dass Ägypter:innen doch zwei Mal in der Woche ihr Blut verkaufen könnten, wenn sie mehr Geld bräuchten. Bezüglich der steigenden Lebensmittelpreisen meinte er, dass Ägypter:innen halt weniger essen und trinken könnten. Sisi und die herrschende Klasse waren damit natürlich nicht gemeint, denn in ihren Villas und Palästen gibt es genug zu essen und zu trinken. 

Sisi, der die politische Opposition zum Schweigen gebracht hat, hat Angst vor einer Massenbewegung gegen seine Herrschaft. Dies zeigt sich in der Reaktion des Regimes auf die Verkündung der Kandidatur in den Präsidentschaftswahlen seitens des Oppositionellen Ahmed Tantawi. Der Nasserist Tantawi war eine ehemaliger Parlamentarier, der eine Weile im Exil verbrachte. Er ist der einzige Kandidat der Opposition, der sich klar gegen Sisi positioniert. Deswegen wurden auch in den vergangenen Wochen über 70 Wahlkampfhelfer:innen, darunter vier Anwälte, verhaftet wurden.  

Um sich für eine Präsidentschaftskandidatur zu qualifizieren, muss jeder potenzielle Kandidat entweder von mindestens 20 amtierenden Parlamentsmitgliedern unterstützt werden oder Nominierungsanträge von mindestens 25.000 Bürger:inen aus mindestens 15 Gouvernoraten sammeln, mit mindestens 1.000 Unterstützer:innen pro Gouvernorat. 

Allerdings haben die ägyptischen Behörden Ägypter:innen, die einen Nominierungsantrag ausfüllen oder einreichen wollen, weitgehend daran gehindert. Es gibt mehrere Berichte von Personen, die sich im zuständigen Hauptquartier versammelten, um einen Nominierungszettel zu beantragen, jedoch daran gehindert wurden. Dennoch fordern immer mehr Menschen, einen Nominierungsantrag zu stellen – mit Erfolg. Tantawis Wahlkampf wird derzeit von den Revolutionären Sozialisten bei der Sammlung von Nominierungsanträgen sowohl in Ägypten als auch im Ausland unterstützt.

Es ist fast sicher, dass auch wenn das Regime Tantawi erlaubt, 25.000 Unterschriften zu sammeln, würde Sisi eine faire Wahl nie erlauben. Die demokratische Wahl unter der Militärdiktatur gibt es nicht. Wovor Sisi und die Herrschenden am meisten Angst haben, ist, dass Tantawis Kampagne sich zu einer weitreichenden Bewegung umwandelt. Die herrschende Klasse fürchtet nichts mehr, als dass das ägyptische Volk sich wieder erhebt, wie 2011 und Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit fordert. 

Am 3. Oktober gingen Menschen in der Stadt Marsa Matrouh spontan auf die Straße, nachdem Sisi seine Kandidatur offiziell verkündete, rissen seine Wahlplakate runter und riefen, dass das Volk das Regime stürzen will. Danach kam es zu mehreren Verhaftungen. 

Es sind Szenen wie diese, die die Möglichkeiten der Spontaneität der Arbeiterklasse aufzeigen, sich zu erheben. Tantawis Kampagne bietet die Möglichkeit, eine Bewegung zu bilden, die gegen das Militärregime auflehnt. Jetzt ist es an der Zeit, dass sich die Arbeiterklasse organisiert. Der Feind ist sehr gut organisiert, wir sollten es auch sein.